Der Widerstand beginnt

Reformatio Sigismundi

Bereits 1439 übte ein unbekannter Schriftsteller (hätte er seinen Namen genannt, wäre er schnell einen Kopf kürzer gewesen) Kritik an Gesellschaft, Wirtschaft und Kirche.

"Gehorsam ist tot. Gerechtigkeit leidet Not. Nichts steht in rechter Ordnung", schreibt er in der Reformatio Sigismundi, die erstmals 1476 gedruckt wurde. Durch die Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern 1450 durch Johannes Gutenberg war es möglich geworden Meinungen schnell und großflächig im Volk zu streuen.

Der Pfeifer von Niklashausen

Im April des selben Jahres pilgerte ein Hirte namens Hans Böh(ei)m zur Wallfahrtskirche in Niklashausen bei Wertheim / Tauberbischofsheim. Er begann dort gegen die Gesellschaftsordnung zu sprechen und erfuhr schnell als "Pfeifer (Pauker) von Niklashausen" starken Zuspruch.

Der Pfeifer von Niklashausen. Holzschnitt aus der Schedelschen Weltchronik, Blatt 255 recto
Hans Boehm - Der Pfeifer von NiklashausenGemeinfreiMichel Wolgemut, Wilhelm Pleydenwurff; Text: Hartmann Schedel

Es sollen bis zu 30.000 Menschen seinen Worten zugehört haben. Dies ist sehr hoch zu bewerten, wenn man bedenkt, daß damals Köln mit 35.000 Einwohnern die größte Stadt im Heiligen römischen Reich deutscher Nation war.
Der Zulauf von Hans Böheim blieb auch dem Bischof von Würzburg nicht verborgen: Am 19. Juli 1476 wurde der "Prophet von Niklashausen" auf dem Scheiterhaufen verbrannt - ein vom Bischof zugesichertes ordentliches Gericht in seiner Sache, hatte es vorher nicht gegeben. Die übriggebliebene Asche wurde auf dem Main verteilt - man wollte jede Erinnerung an den Propheten zerstören.

1493 in Schlettstadt (heute Sélestat) im Elsaß verlangten die Bauern die Behandlung ihrer Rechtsangelegenheiten vor dem Gericht des Bischofs von Straßburg, statt vor ihren bestechlichen und willkürlichen Dorfgerichten. Auch dieser Aufstand wurde hart bestraft: drei Anführer wurden geköpft und den restlichen Aufrührern wurden die Schwurfinger abgehackt, mit dem sie dem Bundtschu die Treue geschworen hatten.

Die Bundschuh-Aufstände des Joß Fritz

Untergrombach

Joß Fritz. Holzschnitt von Albrecht Dürer
Joß FritzGemeinfreiAlbrecht Dürer (1471–1528)

Joß Fritz, ein junger Bauer aus Untergrombach bei Bruchsal, war als Landsknecht (Soldat) herumgekommen, hatte die Welt gesehen, lesen und schreiben gelernt und konnte die bestehende Gesellschaftsordnung nicht mehr akzeptieren.

1501 begann er Mitglieder für einem Geheimbund Bundtschu zu werben. Er wollte eine Vereinigung der Bauern und einen Kampf für deren Freiheit.
Er wollte ein Ende der Hörigkeit der Bauern und der Leibeigenschaft, das Eigentum des Klerus sollte der Gemeinschaft übereignet, die Heere der Geistlichen sollten aufgelöst und der Kaiser gegenüber den Fürsten gestärkt werden. Der Kaiser sollte mit einer Volksvertretung aus allen vier Ständen das Land regieren. Die Menschen sollten über ihre Arbeitskraft frei verfügen dürfen.

Nach einem halben Jahr des Werbens waren 7000 Männer und 400 Frauen im Bundtschu. Bevor der Bundtschu zuschlagen konnte, wurde er jedoch dem Bischof von Speyer verraten. Unter der Folter wurden viele Mitglieder des Geheimbundes bekannt gegeben. Sie verloren ihren gesammten Besitz an den Bischof, die Schwurfinger wurden ihnen abgehackt, andere wurden geköpft oder gevierteilt: Der erste Anlauf von Joß Fritz war gescheitert, er selber entkam.

Freiburg

1513 warb Joß Fritz erneut für seinen Geheimbund, dieses mal in der Nähe von Freiburg. Auf einer von ihm entworfenen Fahne war unter anderem ein Kreuz, der Papst, der Kaiser, ein Bauernpaar und ein Bundtschu zu sehen: man wollte sich nur noch dem Papst und dem Kaiser unterordnen.
Auch dieser Bundtschu wurde, dieses mal von einem Straftäter, der seiner bevorstehenden Strafe entgehen wollte, verraten. Viele seiner Mitglieder wurden erneut bestraft, doch die Kritik an der Bestrafung wurde, auch in anderen Ständen, immer lauter: der Bundtschu hatte immer mehr Anhänger in der Gesellschaft gefunden.

Untergrombach

1517 tauchte Joß Fritz erneut in seiner Heimat auf, der dritte Anlauf zum Bundtschu wurde erneut verraten, dieses mal von einem Bundtschu-Mitglied, das eine Beichte ablegte, wobei der Pastor das Beichtgeheimnis nicht ganz so eng auslegte: der Einfluß von Joß Fritz auf die Bauernaufstände hatte damit ein Ende.

Der Bundtschu hatte einen Umdenkprozeß in Gang gesetzt, hatte Sympathisanten gefunden und war dreimal an Leuten in den eigenen Reihen gescheitert, die ihn verraten hatten.

Der Arme Konrad

Nicht nur im Bundtschu hatten sich die Bauern versammelt. In Württemberg kamen die Bauern im Geheimbund Armer Konrad zusammen. Sie nannten sich so, weil sie vom Adel so verspottet und gerufen wurden (ARMER KONRAD = armer Kerl, armer Teufel).

Der Arme Konrad versuchte gegen Herzog Ulrich von Württemberg vorzugehen, der durch sein maßloses Leben seine Untertanen immer mehr auspresste. Als Ulrich die Nichte des Kaisers, die Bayernfürstin Sabina im Jahre 1511 heiratete, zählte man z.B. 7000 vornehme Hochzeitsgäste, die ein 14-tägiges Fest begangen.

Ulrich hatte, als er immer mehr Steuereinnahmen für sein Luxusleben benötigte, sogar die gloreiche Idee und lies alle Maßgewichte, mit denen die Waren gewogen wurden, durch kleinere ersetzen: damit kostete 1 kg Mehl immer noch den selben Preis, man bekam halt nur noch 700 Gramm!
Am Ende ließ Herzog Ulrich 1700 Bauern aus dem Remstal gefangennehmen. Sie wurden gefoltert, eingekerkert oder geköpft: man hatte die Untertanen (vorläufig) zur Ruhe gebracht.